Rezension zum Stadtplan
"Die sächsische Residenzstadt Dresden 1813"

DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN,
AUSGABE
Montag, den 13. April 2015


Nützlich für Gelehrte und Canoven, Entdecker und Eroberer

Zwei historische Stadtpläne zeigen die einstige Residenzstadt Dresden zur Zeit der Befreiungskriege

Von Christian Ruf
Ein abgedroschener und doch immer wieder gern bemühter Witz in Kabarettistenkreisen besagt, dass man in Polen schon deshalb keine Angst mehr vor einem Überfall durch die Deutschen haben muss, weil- wie die Pisa-Studie belegt - die Deutschen gar nicht mehr wissen, wo Polen überhaupt liegt. Aber es gibt ja Navi und GPS! Die Richtung gibt grob der Computer vor, und wer dann sehen will, was sich alles so in den Gemarkungen rechts und links vom Wegesrand abspielt, der kann sich auf seinem Handy oder Laptop die Umgebung abbilden lassen, in fotografischer Präzision, unbestechlich, unverzerrt, stufenlos verstellbar in allen Maßstaben. Damit sind herkömmliche Karten, die einst so unverzichtbar waren, für einen, der eine Reise tun wollte, überflüssig. Womit mal wieder ein Kulturgut verloren geht, das die Menschheit seit dem frühen Altertum bis in die späte Moderne begleitete - als unerlässlicher Wegweiser durch die Welt. Eine Karte lesen zu können, war eine Kulturleistung, forderte dies doch unseren Geist, unsere Vorstellungskraft und unser Abstraktionsvermögen. Und die Ästhetik wurde auch noch gleich ein bisschen mit geprägt.
Nun sind im Dresdner Sonnenblumen-Verlag die Reprints zweier historische Stadtpläne erschienen, die Dresden 1813 zeigen, als Sachsen noch ziemlich ein Vasallenstaat von Napoleons Gnaden war. Die erste Reprintausgabe zeigt einen Grundriss der sächsischen Residenz mit seinen Vorstädten zur Zeit der Befreiungskriege 1813. Besonders interessant werde diese Karte durch die auch in französischer Sprache getätigten Angaben, "ein deutliches Indiz für die Einquartierung von französischen Militärs in der EIbestadt vor der Leipziger Völkerschlacht, und durch ein Hausnummernverzeichnis, das auf die Bevölkerungs- und Wohndichte zum Anfang des 19. Jahrhunderts in Dresden schließen lässt", schreibt der Publizist und Verlagsinhaber Michael Schrnidt in seinen erläuternden Anmerkungen.

Die zweite Karte - es handelt sich um einen Reprint eines Drucks der Arnoldsehen Buch- und Kunsthandlung Dresden und Leipzig nach einer Originalzeichnung von Johann Georg Lehmann - zeigt die Hauptstadt des Königreichs Sachsen samt seinen Vorstädten und die weitere nähere Umgebung. Und zwar ebenfalls im Jahr 1813. Auf beiden beiliegenden Karten sind neben der Altstadt und der inneren Neustadt, die als Altendresden bereits seit 1549 zu Dresden zählte, auch die ehemaligen Vorstädte mit eingezeichnet. Die Gebiete der späteren Pimaischen Vorstadt, Seevorstadt und Wilsdruffer Vorstadt sowie Johannstadt gehörten ebenfalls bereits seit 1549 zu Dresden. Die Friedrichstadt und der Neue Anbau, seitdem als Antonstadt bezeichnet, wurden erst 1835 nach Dresden eingemeindet.

Karten waren schon immer ein Fall für Gelehrte und Ganoven, für Forscher und Fälscher, für Romantiker und Romanautoren, Entdecker und Eroberer. Und sie können schon immer wunderbare Dinge erzählen. Das ist in diesem Fall nicht anders ... Dank der Informationen, die Karten vermitteln, seien "sie eine gute Ergänzung bei der Beschäftigung mit Literatur, Briefen, Tagebüchern und Reiseberichten als Schriftquellen sowie bei der Betrachtung von Zeichnungen, Graphiken und Gemälden als Bildquellen", wie Herausgeber Michael Schrnidt anmerkt. Sie kann aber "auch zum Vergleich mit anderen historischen Quellen, wie z.B. Straßen oder Baudenkmälern, und das über die seit Ende des 18. Jahrhunderts vorherrschende und weit in das 19. Jahrhundert hineinreichende Bauepoche des Klassizismus hinaus, herangezogen werden. "

zurück zu den Produktinformationen
SÄCHSISCHE ZEITUNG,
AUSGABE
Sonnabend/Sonntag, den 25./26. Juli 2015

Dresden während der Befreiungskriege

Zwei Stadtpläne zeigen die Stadt vor 200 Jahren.
Auch historisch bedeutende Orte sind vermerkt.

Von Lars Kühl
1813 gilt als besonderes Jahr in der Geschichte Europas. Nicht wenige Historiker sehen in ihm einen Wendepunkt. Eingegangen ist 1813 als Auftaktjahr der Befreiungskriege. Und auch Dresden spielte dabei eine ganz besondere Rolle. Erst traf sich Napoleon Bonaparte, der französische Kaiser und Besatzer, Ende Juni im Palais Brühl Marcolini in der Friedrichstadt mit Österreichs Reichskanzler Fürst von Metternich zu Verhandlungen. Da Frankreich den österreichischen Forderungen aber nicht nachkam, verbündete sich die Donau-Monarchie anschließend mit den Anti-Napoleon-Mächten. Ende August folgte dann die Schlacht um Dresden, bei dem französische Truppen dem Hauptheer der Armeen von Russland, Preußen und Österreich gegenüberstanden.

Frankreichs Einfluss war damals in der Stadt allgegenwärtig. Viele Soldaten waren in Dresden einquartiert. Auf einer historischen Karte von 1813 finden sich deshalb Angaben auf Französisch. Der Sonnenblumen-Verlag hat sie als Nachdruck herausgebracht. Der Marcolinische Palast ist auf dem Plan im Maßstab 1:6 750 genauso eingezeichnet wie Hausnummern. Dadurch kann auf die Bevölkerungs- und Wohndichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschlossen werden.

In der bebilderten Klapphülle liegt ein zweiter Reprint. Diese Karte zeigt Dresden, das erst 1806 zur sächsischen Hauptstadt erhoben worden war, seine Vorstädte und die nähere Umgebung ebenfalls im Jahr 1813. Der Maßstab beträgt 1:11 000. Vorbild war eine Originalzeichnung von Johann George Lehmann, die in der Arnoldischen Buch- und Kunsthandlung Dresden und Leipzig erschienen ist.

zurück zu den Produktinformationen
zurück zur Übersicht Rezensionen/Presse